Ich habe keinerlei Erinnerung an den Sturz selbst oder an den Ablauf.
Frederik, nach vier Monaten Reha kehrst du in den Rennsattel zurück. Wie fühlt es sich an, endlich wieder eine Startnummer anzustecken?
Um ehrlich zu sein: Ich bin einfach unglaublich heiß darauf, wieder loszulegen. Es ist so lange her – vier Monate sind eine verdammt lange Zeit. Am meisten bin ich neugierig darauf, wie es sich anfühlen wird, wieder ins Rennen einzusteigen. Ohne Druck, ohne Erwartungen – einfach nur schauen, wo ich nach so einem schweren Sturz stehe.
Du hast gesagt, das war einer deiner schwersten Stürze deiner bisherigen Karriere. Kannst du uns in die Situation zurückversetzen – was genau ist passiert?
Das war definitiv einer meiner schlimmsten Stürze – vor allem, wenn man die Länge und Schwere der Reha betrachtet. Aber ehrlich gesagt: Ich kann euch gar nicht wirklich zurück in diesen Moment mitnehmen. Ich habe keinerlei Erinnerung an den Sturz selbst oder an den Ablauf. Weder wie es passiert ist, noch an den Tag davor. Mein erstes klares Bild ist, dass ich im Krankenhaus aufwache. In gewisser Weise ist das vielleicht ein Vorteil – aber es zeigt auch, wie heftig es war.
Vier Monate – das ist eine lange Zeit. Was war für dich in der Reha-Periode am schwierigsten?
Vier Monate sind extrem lang – und es war eine sehr harte Zeit. 2023 habe ich mir schon einmal den Oberschenkelhals gebrochen, da konnte man den Fortschritt klar sehen: erst Rollstuhl, dann Krücken, irgendwann wieder laufen und sogar joggen. Diesmal war es ganz anders. Ich hatte ein Schädel-Hirn-Trauma und weitere Verletzungen. Der Unterschied: Kopfverletzungen sind Dinge, die man nach außen nicht sehen kann. Man macht also keine sichtbaren Fortschritte und Rückschläge gehören dazu. Erst erlebt man zwei gute Tage, dann kommt wieder ein Rückfall. Es war ein ständiges Vor und Zurück. Gleichzeitig liefen so viele Rennen, und ich hatte das Gefühl, so viel zu verpassen. Aber ich wollte auch nichts überstürzen – aus Respekt vor Kopfverletzungen. Denn die darf man wirklich nicht auf die leichte Schulter nehmen.
In einem Post auf Instagram hast du den Menschen um dich herum gedankt. Wer hat dich in dieser Zeit am meisten unterstützt?
Ich hatte das große Glück, unglaublich viel Unterstützung zu bekommen. Meine Freundin war von Anfang an an meiner Seite und hat alles hautnah miterlebt. Meine Eltern haben mich ebenfalls enorm getragen – sie haben mich sogar aus Ungarn zurückgeholt. Dazu kommt das ganze Red Bull – BORA – hansgrohe Team. Angefangen bei den Ärzten über die Sportlichen Leiter bis hin zum CEO Ralph Denk. Auch vom dänischen Verband habe ich starke Unterstützung gespürt. Es sind einfach sehr viele Menschen, denen ich danken muss. Und ohne all diese Hilfe würde ich heute nicht da stehen, wo ich jetzt bin – bereit, wieder ins Rennen einzusteigen.
Wenn du jetzt zurückblickst: Was hast du in den Monaten abseits des Rads über dich selbst gelernt?
Ich habe gelernt, dass man nichts erzwingen darf. Gerade bei Kopfverletzungen zahlt es sich niemals aus, etwas zu überstürzen. Geduld war wahrscheinlich die wichtigste Lektion – Dinge dauern oft länger, als man denkt. Gleichzeitig konnte ich mich als Person weiterentwickeln. Ich habe neue Trainingsformen ausprobiert, andere Dinge im Leben getestet. Und ich habe gesehen: Wenn man zwei so schwere Stürze übersteht, dann kommt man auf der anderen Seite stärker heraus. Jetzt stehe ich am Ende des Tunnels – und freue mich darauf, endlich zurückzukommen.
Welche Ziele hast du dir für den Rest dieser Saison gesetzt, jetzt wo du zurück bist – und auch für 2026?
Für diese Saison ist es schwer, ein konkretes Ziel zu nennen. Ich weiß nicht, wie mein Körper nach so einem Sturz reagieren wird. Ich habe alles getan, um fit zu werden – unzählige Stunden Arbeit investiert. Aber jetzt geht es erstmal darum, in den italienischen Rennen wieder reinzukommen – ganz ohne Erwartungen. Einfach fahren, sehen, wo ich stehe. Und dann schauen wir weiter. Für 2026 habe ich ein sehr gutes Gefühl. Ich habe neue Trainingsmethoden gefunden, die mir gut liegen. Ich bin überzeugt, dass die Saison spannend wird – auch mit der neuen Teamkonstellation um Remco Evenepoel. Darauf freue ich mich riesig.
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